Deutsche Reeder in der Krise

Zu viele gebrauchte Schiffe am Markt

Die Reedereien in Deutschland befinden sich seit Jahren in einer Krise. Nun wird außerdem die HSH Nordbank von den Bundesländern Schleswig-Holstein und Hamburg an US-amerikanische Investoren verkauft. „Wir erwarten, dass allein im Zusammenhang mit dem Eigentümerwechsel bei der HSH Nordbank rund 450 weitere Schiffe verkauft werden könnten“, sagt Alfred Hartmann, Präsident des Verbandes Deutscher Reeder (VDR). „Wenn diese Schiffe ins Ausland gehen, bedeutet das einen erheblichen Aderlass für den Schifffahrts-Standort Deutschland.“

Vor einigen Jahren erlebte die Schifffahrt einen Boom. Bis zum Jahr 2008 wurde in Deutschland eine zu hohe Anzahl an Schiffen gekauft. Dadurch entstand eine Überkapazität am Markt, was rückläufige Wachstumsraten im Welthandel verursachte. Dies wiederrum resultierte in einer Senkung der Fracht- und Charterraten sowie der Preise für den Schifftransport. Da viele Schiffe zahlungsunfähig waren, mussten Reeder und Schiffsbanken Milliarden einbüßen. So wurden zahlreiche Schiffe stillgelegt, verschrottet oder ins Ausland verkauft.

Im Jahr 2011 verfügte die deutsche Handelsflotte noch über 3784 Schiffe, Mitte 2017 waren es nur noch 2720. Ausländische Reedereien konnten davon profitieren und erwarben die deutsche Tonnage für 50 bis 70 Prozent unter dem Anschaffungswert. Die Konkurrenten hatten somit geringere Kapitalkosten als die deutschen Reeder und konnten sie so unterbieten. „Das macht uns richtige Sorgen“, so Hartmann. „Wenn die Entscheider in der Schifffahrt nicht mehr in Deutschland sitzen, dann nimmt auch ihre Affinität für deutsche Zulieferungen im Schiffsbau ab.“

Die HSH Nordbank bestätigte Hartmanns Befürchtung über den Verkauf von 450 Schiffen nicht. Die Bank habe aktuell noch Schiffskredite in Höhe von fünf Milliarden Euro in den Büchern, was mehreren hundert Schiffen entspricht. Die HSH Nordbank war einst weltweit der größte Schiffsfinanzierer und konnte mehr als 2.000 Schiffe finanzieren. Darauf musste die Bank jedoch zehn Milliarden Euro abschreiben und einen Großteil des Portfolios abgeben.

Trotz des Rückzugs sei die HSH Nordbank bereit dazu, zukunftsfähige Geschäfte mit vernünftigen Konditionen mit deutschen Reedereien abzuschließen. Jedoch werde das alte Modell, bei dem die Bank nur das finanzierte Schiff als Sicherheit hatte, nicht mehr für eine Geschäftsbeziehung ausreichen.